Sydney, ich komm wieder

Fünf Tage Sydney liegen hinter mir. Hab mal wieder leicht überzogen. Aber diesmal musste es wirklich sein. Und es war ja auch nur ein Tag. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten es aber ruhig noch mehr sein können. Bei dieser Stadt wundert das jedoch nicht wirklich. Gerade dann, wenn man zum ersten Mal hier ist. Ich habs ja schon bei der Einfahrt in den Hafen gewusst, dass Sydney mir gefallen wird, aber meine kühnsten Erwartungen wurden nochmal deutlich übertroffen. Sowohl was das Stadtbild selbst betrifft, als auch die nähere Umgebung, das kulturelle Angebot und die unglaublich interessante Geschichte.

1788 fing sie genau hier an, die Geschichte des heutigen Australiens – mit der Ankunft der Ersten Flotte. Die Erste Flotte war ein Schiffsverbund aus England, der Sträflinge, deren Aufseher, Militärangehörige und Verwaltungspersonal hierherbrachte. Anfangs als reine Sträflingskolonie geplant und geführt, siedelten sich aber auch bald freie Siedler hier an. Sydney wuchs und auch andere Landesteile zogen im Laufe der Zeit immer mehr Einwanderer an.

Aber der Ort an dem alles begann, war eben Sydney. Und diese geschichtsträchtige Bedeutung bemerkt man an ganz vielen Orten in der Stadt. Oft anhand von Kleinigkeiten: kleinen Schildern an Hauswänden, in Parks, die eine geschichtliche Besonderheit dieser Stelle beschreiben, Plaketten im Hafenbereich, die die Uferlinie von 1788 nachzeichnen und viele andere liebevolle Details, durch die man als Besucher quasi von selbst anfängt sich für die Stadtgeschichte zu interessieren. Aber natürlich gibt es auch viele Museen, die sich speziell auch diesem Kapitel australischer Geschichte widmen. In einem davon, den Hyde Park Barracks, war ich gleich an zwei Tagen hintereinander, weil es so interessant war und die Zeit am ersten Tag einfach nicht gereicht hat. Obwohl es ja ein recht kleines Museum ist. Sogar das Gebäude selbst ist als Museum gestaltet worden. Man sieht freigelegte Mauer-, Tapeten- und Deckenfragmente aus verschiedenen Epochen, kann Sträflingskleidung oder typische Kleidung aus den Anfangsjahren Sydneys anprobieren und sich in die Hängematten der Sträflinge oder die Betten der Immigrantinnen legen, die dieses Haus über die Jahre hinweg beherbergt hat. Ein Museum zum Anfassen und Mitmachen sozusagen.

Um einen allerersten Eindruck von der Stadt zu bekommen, nehm ich noch vor meinem Museumsbesuch an zwei verschiedenen Stadtrundgängen teil, sogenannte „Free Walking Tours“. Man trifft sich einfach zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Punkt und gibt am Ende das, was man möchte. Diese Touren werden von einer Gruppe ehemaliger Studenten angeboten, allesamt Original-Sydneyer, so dass man auf jeden Fall einen guten Überblick über die Stadt erhält, interessante Ecken und Anekdoten kennenlernt und viele Infos aus erster Hand bekommt. Nicht nur etwas zur Geschichte sondern zum Beispiel auch, wo es die Kneipen mit der größten Auswahl an australischem Bier gibt, wo man Pizzen mit Kängurufleisch bekommt und in welchem Gebäude man, wenn man die 29 $ Eintritt für den 293 Meter hohen Sydney Tower sparen will, kostenlos eine fast genauso gute Aussicht genießen kann. Dank dieser Touren kann man zumindest mal die Innenstadt etwas kennenlernen.

Und die gefällt mir richtig gut. Eine gelungene Mischung aus alter und neuer Architektur, dazu ist es schön grün, es gibt viele Bäume, einige Parks, in denen man sich erholen kann, außerdem viele Pubs und Bars, Märkte, einen Botanischen Garten, den Hafen und nicht zu vergessen das nahe Meer. Und dazu wirkt Sydney richtig idyllisch, obwohl es ja riesige Ausmaße hat und mit seinen knapp 400 Vororten flächenmäßig deutlich größer ist als Berlin oder Paris. Besonders „The Rocks“, das ehemalige Sträflingsviertel im Innenstadtbereich hats mir irgendwie besonders angetan. Direkt am Hafen gelegen findet man hier in den verwinkelten Gassen viele kleine, gemütliche Kneipen, Tante-Emma-Läden und einige, wieder nett hergerichtete Hotels aus Sydneys Anfangstagen.

Aber auch die Umgebung Sydneys hat wiegesagt einiges zu bieten. Zusammen mit Jia aus China und Tatsushi aus Japan, die ich beide im Hostel kennengelernt habe, mache ich eine Küstenwanderung vom Bondi-Beach, einem der bekanntesten Pazifikstrände Australiens, bis zum Coogee-Beach. Das sind zwar nur sechs Kilometer, aber da es dort so viele schöne Ecken gibt und man wieder überall anhalten muss, kann diese kleine Wanderung schon mal fast den ganzen Tag dauern. So wars zumindest bei uns.

Ach, ich bin ja richtig begeistert. Ich könnt mich hier noch seitenlang über Sydney auslassen. Aber wenn ich damit jetzt anfange, würde das vollkommen den Rahmen sprengen. Eigentlich wär ich ja gern noch geblieben, aber ganz am Ende meiner Etappe in Australien wartet ja noch die Great Ocean Road auf mich. Und da ich Richtung Melbourne auf dem etwas längeren Küstenabschnitt unterwegs sein werde, hab ich mich am Montag mal wieder auf den Weg gemacht. Will mich ja nicht abhetzen.

Aber…ganz tolle Stadt. Leider von Deutschland aus gesehen nicht gerade um die Ecke gelegen. Trotzdem aber auf jeden Fall eine Reise wert. Ich komm bestimmt nochmal wieder.